03 01 2025
Ich bin bereit, ein Geheimnis zu verraten. Jetzt ist wieder Morgen. Was ich schreibe, hat keinen Anfang. Es ist reine Fortführung. Das ist nicht mein Geheimnis.
Es gibt dieses Saying, dass wir uns Fiktionen ausdenken, um andere Leben zu leben, um alles Andere zu erfahren. Das, was wir nicht sind. Das ist es nicht, es ist das Gegenteil. Fiktionen erlauben uns, so auftauchen zu lassen, wie wir wirklich sind.
Jeden Tag trage ich eine Maske. Ich werde wach und habe sie schon auf. Ich berühre das Holz, um zu wissen, wer ich bin. Ich wechsle sie, wenn ich English Breakfast koche und wechsle sie, wenn ich Assam koche, und wechsle sie, wenn die Sonne hinter der eisblauen Wolke verschwindet, und wechsle sie, wenn ich ein leeres Dokument öffne und „LARVEN-SATZ“ schreibe. Jetzt trage ich die Maske des Verräters.
Es ist ein geheimnisvoller, seltsamer Prozess: Jede neue Maske zwingt mich, die letzte, gerade abgelegte zu vergessen. Man muss sehr gut hinsehen, um den Wechsel der Masken mitzubekommen. Man muss sich sehr gut erinnern können, um sich zu erinnern, wer man eben noch gewesen ist. Dafür haben wir den Spiegel. Nicht, um uns zu erkennen, sondern um zu sehen, dass da nichts ist. Unter der Maske bin ich reines Masken-Programm, nichts von Wert, nichts.
Es gibt eine Stelle im Alten Testament, im Jesaja-Buch. Dort steht: „Denn siehe, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde, so daß man an die früheren nicht mehr gedenkt und sie nicht mehr in den Sinn kommen werden.“
Wenn die Arbeit an der neuen Welt abgeschlossen sein wird, wir die gerechte Bestrafung für unsere Verbrechen erfahren haben, die Prozesse der Heilung und des Wiederaufbaus geschehen sind, werden unsere Erinnerungen an die alte Welt ausgelöscht sein. Vergessen ist milde.
Vielleicht habe ich falsch gehandelt, indem ich dieses Geheimnis preisgegeben habe und behauptet habe, man könne spüren, wenn wir uns erneuern.